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US-Forscherteam beschreibt, wie sich das Masernvirus im menschlichen Gehirn ausbreitet

Wissenschaftler*innen der Mayo Clinic beobachteten, wie das Masernvirus mutierte und sich im Gehirn einer Person ausbreitete, die einer seltenen, tödlichen Gehirnkrankheit erlag: subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE).
Mit den neuesten Werkzeugen der genetischen Sequenzierung rekonstruierten Forscher*innen der Mayo Clinic, wie das Masernvirus ein menschliches Gehirn befiel. Das Virus erwarb demnach verschiedene Mutationen, die die Ausbreitung des Virus vom frontalen Kortex nach außen begünstigten.

Die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine chronische Maserngehirnentzündung, die als unheilbar gilt. Die Masernviren dringen in das Gehirn ein, vermehren sich dort und schädigen Nervenzellen. Die SSPE verläuft in Schüben. Säuglinge, die sich im ersten Lebensjahr mit Masern anstecken, sind besonders gefährdet, nach Jahren daran zu erkranken.
„Unsere Studie liefert überzeugende Daten, die zeigen, wie virale RNA mutierte und sich in einem menschlichen Organ ausbreitete – in diesem Fall im Gehirn“, erklärte Roberto Cattaneo, Ph.D., ein Virologe der Mayo Clinic und Co-Hauptautor einer neuen Studie, die in PLOS Pathogens veröffentlicht wurde. „Unsere Entdeckungen werden dazu beitragen […] zu verstehen, wie andere Viren im menschlichen Gehirn überleben und sich dort anpassen und Krankheiten verursachen. Dieses Wissen könnte die Entwicklung wirksamer antiviraler Medikamente erleichtern.“

Impfmüdigkeit begünstigt Masernausbrüche

Masern gehören zu den ansteckendsten Krankheiten. Das Masernvirus infiziert die oberen Atemwege. Über diese breitet sich das Virus durch Tröpfchen aus, die beim Husten oder Niesen einer infizierten Person verteilt werden.
Dr. Cattaneo leistete Pionierarbeit bei der Erforschung der Ausbreitung des Masernvirus im Körper.

Er begann vor etwa 40 Jahren mit der Erforschung des Masernvirus und war fasziniert von der seltenen, tödlichen Gehirnerkrankung namens subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), die bei etwa 1 von 10.000 Masernfällen auftritt. Es können etwa fünf bis zehn Jahre nach der Erstinfektion vergehen, bis das Masernvirus mutiert und sich im Gehirn ausbreitet. Zu den Symptomen dieser fortschreitenden neurologischen Erkrankung gehören Gedächtnisverlust, Krampfanfälle und Immobilität. Dr. Cattaneo untersuchte SSPE mehrere Jahre lang, bis die tödliche Krankheit fast verschwand, da immer mehr Menschen gegen Masern geimpft wurden.

Aufgrund von Impfmüdigkeit und versäumten Impfungen kommt es jedoch nun erneut zu Masernausbrüchen. Während der COVID-19-Pandemie haben Millionen von Kindern ihre Masernimpfungen verpasst, was laut einer aktuellen Studie des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zu einem geschätzten Anstieg der Masernfälle um 18% und einem Anstieg der Todesfälle durch Masern um 43% im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 weltweit geführt hat.
„Wir vermuten, dass auch SSPE-Fälle wieder zunehmen werden. Das ist traurig, weil diese schreckliche Krankheit durch Impfung verhindert werden kann. Aber jetzt sind wir in der Lage, SSPE mit moderner genetischer Sequenzierungstechnologie zu untersuchen und mehr darüber zu erfahren“, so Iris Yousaf, Co-Hauptautor der Studie und Doktorandin im fünften Jahr.

Die Zusammenarbeit mit den CDC ermöglichte Dr. Cattaneo und Yousaf, einen SSPE-Fall zu untersuchen. Sie analysierten das Gehirn einer Person, die als Kind an Masern erkrankt war und Jahre später als Erwachsener an SSPE entwickelt hatte. Sie nahmen 15 Proben aus verschiedenen Regionen des Gehirns unter die Lupe und führten in jeder Region eine genetische Sequenzierung durch, um herauszufinden, wie das Masernvirus mutierte und sich verbreitete.

Die Forscher*innen fanden heraus, dass sich nach dem Eindringen des Masernvirus in das Gehirn dessen Genom – der vollständige Satz genetischen Materials des Virus – zu verändern begann. Es bildeten sich Merkmale aus, die die Ausbreitung des Virus vom ursprünglichen Ort der Infektion – dem frontalen Kortex des Gehirns – bis hin zur Besiedlung des gesamten Organs förderten.

Quellen: Mayo Clinic, PLOS Pathogens